Paul-Gerhardt-Hause in der Nordstraße in Rhede (Foto Margret Boeing 2018)
Die evangelische Gemeinde in Rhede hat am 3. Juni 2018 gemeinsam mit uns, den Konfirmanden der Jahre 1967, 1968 und 1969 im Paul-Gerhardt-Haus in Rhede eine Feier zur Goldenen Konfirmation gestaltet.
Wir zogen mit 28 Konfirmandinnen und Konfirmanden gemeinsam mit Pfarrer Dr. Markus Totzeck in die Kirche ein und feierten mit der Kirchengemeinde einen lebendigen und aktiven Gottesdienst zur Erinnerung an die Konfirmation vor fünf Jahrzehnten.
Zur Einsegnung erhielt jeder von uns wie vor 50 Jahren noch einmal einen gerahmten Brief mit einem Spruch aus der Bibel. Das Foto des Kirchenraums zierte so selbstverständlich wie schon damals als Motiv den Brief.
Hinterher trafen sich alle Goldkonfirmanden im hinteren Raum der Kirche, der ansprechend geschmückt war, und konnten bei einem Sektempfang und Imbiss viele Gedanken und Erinnerungen austauschen.
Wir werden in den folgenden Wochen am Ende dieser Seite mit Bildern und Texten berichten. Dieser Blog wird erst einmal für längere Zeit im Netz bleiben, um interessierten Besucher auch nach diesem Ereignis noch Zugang zur Erinnerung zu ermöglichen.
Es ist vorgesehen, dass alle Goldkonfirmanden, die dabei waren, in den Sommerferien eine CD mit Bildern und Texten erhalten.
Dem Organisationsteam mit Margret Boeing, Wilfried Ott, Friedhelm Keil, Gerlinde Becker, Hans-Joachim Gerlach und anderen Mithelfern sind alle Teilnehmer sehr zu Dank verpflichtet.
Impressum:
Kontaktanfragen an Jürgen Dreifke unter:
boren488@gmail.com
Blogautor: Jürgen Dreifke, 48249 Dülmen,
Konfirmationsjahrgang der evangelischen Gemeinde Rhede 1967 vor dem Paul-Gerhardt-Haus mit Pastor Fehse. Pastor Fehse hatte die Gemeinde in Januar 1967 verlassen , seine letzten Konfirmanden in Rhede aber danach noch konfirmiert.
Konfirmationsjahrgang der evangelischen Gemeinde Rhede 1968 vor dem Paul-Gerhardt-Haus mit Pastor Jaeger
Konfirmationsjahrgang der evangelischen Gemeinde Rhede 1969 vor dem Paul-Gerhardt-Hausmit Pastor Menzel
Das Gemeindeleben war eng verknüpft mit der Paul-Gerhardt-Schule, die als evangelische Volksschule in Rhede von 1947 bis 1968 bestand. Im April 2010 gab es in Rhede in der Gaststätte "Zum Birnbaum" ein Klassentreffen der Einschulungsjahrgänge 1960 und 1961.Diese Jahrgänge wurden 1968 konfirmiert.
Wiedersehen nach Jahrzehnten im April 2010 (Foto : Manfred Troschke)
Einige Wochen vor der Konfirmation im Mai 1968 entstand dieses Foto:
Das Gebäude der ehemaligen Paul-Gerhardt-Schule um 1989. Es musste einige Jahre später dem Neubau des Rathauses mit dem Veranstaltungszentrum "Rheder Ei" weichen.
Das Einschulungsfoto des Jahrgangs Ostern 1960 an der Paul-Gerhardt-Schule
Das Einschulungsfoto des Jahrgangs Ostern 1961 an der Paul-Gerhardt-Schule
Die Jahrgänge 1960 und 1961 feierten 1964 mit ihrer gemeinsamen Klassenlehrerin Frau Kamenz Karneval im Klassenraum.
Die Jahrgänge 1960 und 1961 feierten 1964 mit ihrer gemeinsamen Klassenlehrerin Frau Kamenz Karneval im Klassenraum.
Am 28.3.2018 ergab sich in Berlin in einem Café bei der U-Bahnstation "Bernauer Straße" ein Treffen zwischen Jürgen Dreifke und Pastor Hermann Jaeger in der Nähe seines Wohnortes.
Als Angehöriger des Konfirmationsjahrgangs 1968 habe ich versucht, die Puzzlesteine der Erinnerung in einem Text zusammenzufügen. Viele Mitkonfirmanden können sicher zahlreiche eigene Erinnerungsbausteine und Korrekturen hinzufügen.
(Jürgen Dreifke, Februar 2018)
Wenn wir zum
Anlass der Goldkonfirmation unserer Jahrgänge zurückblicken, dann landen wir in
den 60iger Jahren. Für uns ist das heute doch schon eine sehr ferne Zeit, in
der manches anders war. Rhede war
noch ein Dorf, aus dem man nicht so oft rauskam. Bocholt war der Maßstab
städtischen Lebens und Autos fingen gerade erst an, in den Familien Einzug zu halten.
Immerhin vermittelten in den Wohnzimmern schon ARD, ZDF und die
Regionalprogramme ein Bild der Welt draußen.
Die evangelische Bevölkerung hatte mittlerweile
auch am Wirtschaftswunder Anteil und wurde durch die tägliche Erwerbsarbeit schrittweise
in die katholische Mehrheitsgesellschaft integriert. Viele hatten, wie im
Münsterland üblich, Wohneigentum erworben, was aber oft mit großem Verzicht
beim übrigen Lebensstandard erkauft werden musste.
Da das religiöse Leben noch
einen großen Stellenwert in der Gesellschaft hatte, prägte der
Konfessionsunterschied, trotz aller Modernisierung noch stark die Identität der
Gemeinde. Die Erfahrungen von Flucht und Vertreibung der mittleren und älteren
Generation konnten die katholischen Mitbürger nicht teilen. Die Frage der
deutschen Teilung war für die in der Masse aus dem Osten stammenden evangelischen
Gemeinde eine immer noch offene Frage.
So beteiligten wir uns als Schüler
auch an Aktionen, wie die leuchtenden Weihnachtskerzen im Fenster, um an die „Brüder und
Schwestern“ im geteilten Deutschland zu erinnern und die Abtrennung der
ostdeutschen Gebiete und der Verlust der Heimat war von den Älteren noch nicht
überwunden.
Die Schule konnte wenig zur Integration
in das Dorf beitragen, weil unsere Generation noch in Konfessionsschulen eingeschult wurde
und sich dies für unsere Jahrgänge auch nicht mehr änderte, sofern man nicht zu
einer Realschule oder zum Gymnasium überging. Das schulische Leben an der
Paul-Gerhardt-Schule und das Gemeindeleben im Paul-Gerhardt-Haus waren eng
miteinander verknüpft und deshalb muss hier beides erinnert werden.
Welche Erinnerungen sind hängengeblieben?
Unbestrittene Autoritätsfigur war Pastor Tassilo Fehse, der mit der
Flüchtlingsgemeinde aus dem schlesischen Giesmannsdorf gekommen war und bis zu
seinem Wechsel nach Gelsenkirchen 1967 in Rhede wirkte. Seine Frau half
tatkräftig bei der Gemeindearbeit mit. Die Kinder der Familie Rüdiger, Thea und
Petra waren unsere Mitschüler. Eine bestimmende Figur neben dem Pastor war die
evangelische Gemeindeschwester Gertrud Schwibbe, die unermüdlich in Rhede mit
dem Rad unterwegs war, um ihren seelsorgerischen Aufgaben nachzukommen. Wir
kannten sie vor allem aus dem Kindergottesdienst, bei dem sie von Frau Kretschmer
unterstützt wurde.
Mit dem Kindergottesdienst begann die Einbindung in das
Gemeindeleben. Er fand immer nach dem Hauptgottesdienst am Sonntag statt. Als
Mitbringsel konnten wir hinterher den "Kinderboten", eine kleine Zeitschrift mit religiösen Themen und Unterhaltung, mitnehmen. Die
Eltern trafen sich in der „Frauenhilfe“ bzw. dem „Männerwerk“ . Für Jugendliche gab es die „Jungschar“
und ohne den Posaunenchor, den Kirchenchor und die jeden Sonntag mitwirkende
Organistin Frau Winkler waren Gottesdienste undenkbar.
Mit den immer sehr streng wirkenden
Presbytern hatten wir dann später als “Katechumenen“ und Konfirmanden zu tun,
weil sie unsere Anwesenheit im Gottesdienst als Voraussetzung für die
Konfirmation mit Listen kontrollieren mussten.
Die von Herrn Gerhard Seidel 1992 herausgegebene Chronik "40 Jahre evangelische Kirche in Rhede" gibt Auskunft über Namen und Wirken vieler Gemeindemitglieder der damaligen Zeit. Außerdem berichtet der Sammelband über die Geschichte Rhedes aus dem Jahre 2000 über die Geschichte der evangelischen Gemeinde.
Zu den besonderen Ereignissen in der Zeit
von Pastor Fehse gehörten die Kindergottesdienstausflüge. Es ging einmal in den
Gelsenkirchener Zoo mit anschließendem Picknick im Park von Schloss Berge.
Ein anderes Ziel war das Naturbad am toten Rheinarm bei Haldern. 1964 gab es
nur einen Spielenachmittag im Gemeindezentrum Borken, das man gut mit dem Zug
erreichen konnte.
Mit dem Schuljahreswechsel zu Ostern 1966
waren wir, die Einschulungsjahrgänge 1960 und 1961 nun sogenannte "Katechumenen",
die dann im zweiten "Lehrjahr“ 1968 als Konfirmanden in die Gemeinde
aufgenommen werden sollten. Das bedeutete neben dem verbindlichen Gottesdienstbesuch
die Teilnahme an einem zweistündigen Nachmittagsunterricht im Keller des
Kirchengebäudes, wo sich die Räume für die Gemeindearbeit befanden. Manchmal
wurde auch die hintere Abtrennung des Kirchenbaus unter der Empore für Chor und
Orgel genutzt.
Anfangs mussten wir auch zu
Beginn des Gottesdienstes mit Pastor Fehse und den Presbytern in den
Kirchenraum einziehen. Als dieser Brauch abgeschafft wurde, zogen viele von uns
Jungen einen Platz auf der Empore vor, um uns so etwas von den Erwachsenen
abzugrenzen.
An unseren ersten Unterrichtstag im Frühjahr 1966 mussten wir allerdings Wasser
aus dem vollgelaufenen Keller schleppen. In den Pausen wurde der mit einem
hohen Zaun umfriedete Sportplatz hinter dem Gemeindehaus zum "Bolzen" genutzt. Der
Unterricht fand meist donnerstags statt.
Die Gruppe kannte sich aus der
Paul-Gerhardt-Schule, wo sie von Frau Wilmers, Frau Kamenz, Frau Holtsch und den
Schulleitern Herr Storek und dann Herrn Nebeling unterrichtet worden waren.
Bis 1968 gab es noch die Volksschule mit acht, dann neun Regelschuljahren. Unsere Jahrgänge ab Klasse 7 befanden sich mittlerweile seit 1966 in der Bodelschwinghschule in Bocholt
oder seit 1964 in der neuen Realschule in Rhede; einige waren auch Gymnasiasten geworden. 1966/67 wurde mit zwei Kurzschuljahren der Schuljahresbeginn ab 1967 auf das Ende der Sommerferien verlegt.
Mit
Kopfschütteln kann man heute nur noch registrieren, dass die vom „schwarzen“
Mehrheitswillen bestimmte Gemeinde Rhede, den Bestand der evangelischen
Volksschule nicht garantieren oder gar eine christliche Gemeinschaftsschule
realisieren wollte. So mutete man ab 1966 den evangelischen Volksschuljahrgängen 7 bis
8 den Schulweg zu einer evangelischen Volksschule nach Bocholt zu, weil sich eine Betonfraktion aus katholischer Kirche und lokaler CDU den Absichten der christlich-liberalen, dann sozial-liberalen Landesregierung zur Schaffung von christlichen Gemeinschaftsschulen widersetzte und sich dabei auf den Elternwillen berief. So scheiterte das von den jungen Schulleitern Nebeling und Wessels angedachte Projekt einer Gemeinschaftsschule am Standort Krechting.
Die evangelische Elternschaft konnte sich auch nicht mit der Forderung nach einer Gemeinschaftsschule durchsetzen und wurde in der Frage der Zukunft der Paul-Gerhardt-Schule von der Gemeinde Rhede hingehalten. Einige evangelische Eltern und Schüler waren nicht bereit, die Schule vor Ort aufzugeben und gingen trotz großer Widerstände auf die Gudulaschule. Die Gesetzgebung des Landes NRW beendete dann
Ende der 60er Jahre mit der Durchsetzung der Hauptschule diesen anachronistischen Verhältnisse.
Im Konfirmandenunterricht musste richtig
gelernt werden. Oft bedeutete es das Auswendiglernen von Kirchenliedern
und den Büchern der Bibel. Unverzichtbar war natürlich das katechetische
Grundwissen zum evangelischen Glauben. Wir mussten auch eine Extrakladde für Arbeitsblätter führen. Zuweilen
knatterte auch schon mal der alte 16-mm Projektor mit einem Film, der von
Wohltätern wie Henri Dunant, dem Gründer des Roten Kreuzes, oder der
Unterdrückung von evangelischen Christen in der DDR, damals noch „die Zone“genannt,
berichtete.
Religiöse Themen hatten auch in den evangelischen Bekenntnischulen einen hohen Stellenwert gehabt und so mussten Pastor Fehse und seine Nachfolger hier nicht bei Null anfangen. Geschichten aus der Bibel wurden auf vielfältige Weise im Unterricht thematisert und inszeniert, da alle Lehrer die evangelische Lehrbefugnis hatten.
Vor der Konfirmation gab es
in einem Gemeindegottesdient auch eine „Prüfung“ der Kandidaten, die im
Sitzkreis vor dem Altar aufgereiht saßen, um ihr gelerntes Wissen kundzutun. In
meiner Erinnerung war das aber vorher geprobt und auch ein wenig „inszeniert“
worden. Bei früheren Prüfungen ging es wohl manchmal etwas „schulischer“ zu und
wenn die Prüflinge stockten, flüsterte meine in den Reihen sitzende Oma immer heimlich die abgefragten
Texte vor, die sie in ihrer Jugend in Pommern gelernt hatte.
Noch in unsere Katechumenenzeit fiel der
Abschied von Pastor Fehse im Januar 1967. Es hatte Differenzen in der Gemeinde gegeben, die sich uns nicht ganz erschlossen. Er hatte die Gemeinde als fürsorglicher Patriarch geführt und zeigte auch einen Zugang zur jungen Generation. Katholische Mitschüler, die ihn mal in einem Religionsvertretungsunterricht an der Realschule erlebt hatten, waren von seinem Auftreten beeindruckt. Nahezu zeitgleich mit Pastor Fehse verließ mit Herrn Nebeling, der im Januar 1963 als Nachfolger von Herrn Storek mit der Leitung der Paul-Gerhardt-Schule beauftragt worden war, eine zweite "evangelische Autorität" den Ort Rhede, wo sich seit 1966 eine Kontroverse um den Fortbestand der evangelischen Schule und Durchsetzung einer christlichen Gemeinschaftsschule abzeichnete.
Das Kollegium der Paul-Gerhardt-Schule war durch den Wechsel junger Lehrerinnen und Lehrer geprägt, die dort ihre ersten praktischen Erfahrungen machten und dann an anderer Stelle ihren Werdegang fortsetzten. Mitte der 60er Jahre verließen nacheinander Frau Wilmers, Frau Kamenz und Frau Holtsch die Schule. An ihre Stelle traten Frau Cloos und Herr Boecker. Nur Herr Storek gehörte zur Generation der erprobten älteren Hauptlehrer, die das Schulleben der Wiederaufbaujahre geprägt hatten. Herr Storek übernahm als Pensionär zeitweise nach dem Abschied von Pastor Fehse den evangelischen Religionsunterricht an der Realschule.
.
In bewährter Manier halfen in der Kirchengemeinde die evangelischen Pfarrer aus Bocholt Pohl und Meyer,
vor allem aber Pastor Stapenbeck von der Christuskirche aus. Nur kurze Zeit
betreute Pastor Lienenkämper die Rheder Gemeinde, dann kam der aus Stuttgart
stammende Pastor Hermann Jaeger, der uns im Mai 1968 konfirmierte und in Rhede
auch seine Ordination, die endgültige Berufung zum Pfarrer, feiern konnte. Er
sollte allerdings auch sehr bald Rhede verlassen und erst der seit Oktober 1969 hier tätige
Pastor Menzel sollte wieder länger in Rhede bleiben.
In diese Zeit fällt auch die
Erinnerungsfeier an 450 Jahre Reformation an einem kühlen und regnerischen
31.10.1967.
Fester Bestandteil der
Konfirmationsvorbereitung war die Rüstzeit in Nordwalde im Februar 1968. Sie
wurde gemeinsam mit der Gruppe von Pastor Pohl aus Bocholt durchgeführt. Frau
Becker begleitete die Gruppe.
Diese Rüstzeit war vom damals umgehenden
Wandel des Zeitgeistes nicht unberührt geblieben. Dazu gehörte nicht nur die in
diesen Monaten die Schlagzeilen bestimmende „Studentrevolte“, sondern
vielleicht noch viel mehr der Tabubruch beim Thema Sexualität. So ließ sich
Pastor Jaeger auf einem Elternabend mit einer Filmvorführung die Präsentation
des Aufklärungsfilms „Helga“ für die Rüstzeit in Nordwalde genehmigen. Dies war
schon ein Bruch mit den Konventionen, denn eigentlich war die Wertewelt der
Protestanten vorher ähnlich konservativ wie die die der Katholiken gewesen. „Helga“
setzte sich ohne reißerische Darstellungen mit den Themen Liebe, Sexualität und
Geburt auseinander und zeigte, damals noch recht ungewöhnlich, den Vorgang einer Geburt.
In tiefen Ledersesseln saßen wir dann im
Aufenthaltsraum der evangelischen Tagungsstätte in Nordwalde nach dem Film in
kleinen Runden mit Pastor Jaeger und führten Gespräche zur Sexualaufklärung.
Pastor Jaeger war hinterher etwas enttäuscht, da die Disziplin einiger
Konfirmanden nicht seinen Erwartungen entsprochen hatte.
Dem eigentlichen Konfirmationstag ging
die obligatorische „Prüfung“ an einem Sonntag zuvor voraus. Zur Feier durfte
sich jeder Konfirmand einen Bibelspruch aussuchen, der in dem
Konfirmationsbrief zusammen mit einem Foto des Altarraums eingetragen wurde. Zur Feier
hatten wir uns passend in Kostümen und Anzügen mit einem Zweig im
Knopfloch präsentiert.
Nach der Konfirmation waren wir nach
protestantischer Tradition nun mündige Mitglieder in der Gemeinde. Diese
Mündigkeit bedeutete allerdings auch, dass man sich entscheiden konnte, ob man
am Gemeindeleben teilnehmen wollte oder nicht. Um ehrlich zu sein, ich gehörte zur letzten Gruppe und vermag über die Zeit danach in der Gemeinde nicht mehr
viel zu sagen. Beim persönlichen Rückblick muss ich allerdings feststellen,
dass diese Zeit des Lebens in Kindheit und früher Jugend auf ihre Weise schon
geprägt und zum eigenen Werdegang beigetragen hat.
Zum Sommer 1968 wurde die Paul-Gerhardt-Schule aufgelöst. Sie hatte im Schuljahr 1967/68 noch den Standort mit der Realschule getauscht und deren Räume an der Kreisberufsschule übernommen. Evangelische Schüler , auch ihre Lehrer, besuchten ab Spätsommer 1968 nun die Gudula-Schule, die unter massivem Druck der katholischen Kirche aufgrund eines Elternvotums als katholische Bekenntnisschule fortgesetzt wurde, die aber angesichts der nun gemischten Schülerschaft und einer neuen Lehrergeneration sich im Rahmen des neuen Zeitgeistes und der Ökumene nicht mehr in den engen konfessionellen Grenzen entwickeln sollte. Die Abgrenzung der konfessionellen Mileus war bald auch in Rhede nur noch Geschichte.
Text: Jürgen Dreifke, Jahrgang 1953.
Einschulung 1960, Konfirmation 1968.
Wer Interesse hat, kann auf Anfrage bei
mir unter boren488@gmail.com
eine Chronik
der Paul-Gerhardt-Schule
als pdf-Datei beziehen, die vor einigen Jahren unter Mitwirkung von
Margret Boeing und Gerlinde Becker entstanden ist und nur möglich war, weil der leider verstorbene Pfarrer Michael
Bruch Archivmaterialien zur Verfügung gestellt hat.
3.6.2018Als Angehöriger des Konfirmationsjahrgangs 1968 habe ich versucht, die Puzzlesteine der Erinnerung in einem Text zusammenzufügen. Viele Mitkonfirmanden können sicher zahlreiche eigene Erinnerungsbausteine und Korrekturen hinzufügen.
(Jürgen Dreifke, Februar 2018)
Wenn wir zum Anlass der Goldkonfirmation unserer Jahrgänge zurückblicken, dann landen wir in den 60iger Jahren. Für uns ist das heute doch schon eine sehr ferne Zeit, in der manches anders war. Rhede war noch ein Dorf, aus dem man nicht so oft rauskam. Bocholt war der Maßstab städtischen Lebens und Autos fingen gerade erst an, in den Familien Einzug zu halten. Immerhin vermittelten in den Wohnzimmern schon ARD, ZDF und die Regionalprogramme ein Bild der Welt draußen.
Da das religiöse Leben noch einen großen Stellenwert in der Gesellschaft hatte, prägte der Konfessionsunterschied, trotz aller Modernisierung noch stark die Identität der Gemeinde. Die Erfahrungen von Flucht und Vertreibung der mittleren und älteren Generation konnten die katholischen Mitbürger nicht teilen. Die Frage der deutschen Teilung war für die in der Masse aus dem Osten stammenden evangelischen Gemeinde eine immer noch offene Frage.
So beteiligten wir uns als Schüler auch an Aktionen, wie die leuchtenden Weihnachtskerzen im Fenster, um an die „Brüder und Schwestern“ im geteilten Deutschland zu erinnern und die Abtrennung der ostdeutschen Gebiete und der Verlust der Heimat war von den Älteren noch nicht überwunden.
Unbestrittene Autoritätsfigur war Pastor Tassilo Fehse, der mit der Flüchtlingsgemeinde aus dem schlesischen Giesmannsdorf gekommen war und bis zu seinem Wechsel nach Gelsenkirchen 1967 in Rhede wirkte. Seine Frau half tatkräftig bei der Gemeindearbeit mit. Die Kinder der Familie Rüdiger, Thea und Petra waren unsere Mitschüler. Eine bestimmende Figur neben dem Pastor war die evangelische Gemeindeschwester Gertrud Schwibbe, die unermüdlich in Rhede mit dem Rad unterwegs war, um ihren seelsorgerischen Aufgaben nachzukommen. Wir kannten sie vor allem aus dem Kindergottesdienst, bei dem sie von Frau Kretschmer unterstützt wurde.
Mit dem Kindergottesdienst begann die Einbindung in das Gemeindeleben. Er fand immer nach dem Hauptgottesdienst am Sonntag statt. Als Mitbringsel konnten wir hinterher den "Kinderboten", eine kleine Zeitschrift mit religiösen Themen und Unterhaltung, mitnehmen. Die Eltern trafen sich in der „Frauenhilfe“ bzw. dem „Männerwerk“ . Für Jugendliche gab es die „Jungschar“ und ohne den Posaunenchor, den Kirchenchor und die jeden Sonntag mitwirkende Organistin Frau Winkler waren Gottesdienste undenkbar.
Mit den immer sehr streng wirkenden Presbytern hatten wir dann später als “Katechumenen“ und Konfirmanden zu tun, weil sie unsere Anwesenheit im Gottesdienst als Voraussetzung für die Konfirmation mit Listen kontrollieren mussten.
Die von Herrn Gerhard Seidel 1992 herausgegebene Chronik "40 Jahre evangelische Kirche in Rhede" gibt Auskunft über Namen und Wirken vieler Gemeindemitglieder der damaligen Zeit. Außerdem berichtet der Sammelband über die Geschichte Rhedes aus dem Jahre 2000 über die Geschichte der evangelischen Gemeinde.
Anfangs mussten wir auch zu Beginn des Gottesdienstes mit Pastor Fehse und den Presbytern in den Kirchenraum einziehen. Als dieser Brauch abgeschafft wurde, zogen viele von uns Jungen einen Platz auf der Empore vor, um uns so etwas von den Erwachsenen abzugrenzen.
An unseren ersten Unterrichtstag im Frühjahr 1966 mussten wir allerdings Wasser aus dem vollgelaufenen Keller schleppen. In den Pausen wurde der mit einem hohen Zaun umfriedete Sportplatz hinter dem Gemeindehaus zum "Bolzen" genutzt. Der Unterricht fand meist donnerstags statt.
Mit Kopfschütteln kann man heute nur noch registrieren, dass die vom „schwarzen“ Mehrheitswillen bestimmte Gemeinde Rhede, den Bestand der evangelischen Volksschule nicht garantieren oder gar eine christliche Gemeinschaftsschule realisieren wollte. So mutete man ab 1966 den evangelischen Volksschuljahrgängen 7 bis 8 den Schulweg zu einer evangelischen Volksschule nach Bocholt zu, weil sich eine Betonfraktion aus katholischer Kirche und lokaler CDU den Absichten der christlich-liberalen, dann sozial-liberalen Landesregierung zur Schaffung von christlichen Gemeinschaftsschulen widersetzte und sich dabei auf den Elternwillen berief. So scheiterte das von den jungen Schulleitern Nebeling und Wessels angedachte Projekt einer Gemeinschaftsschule am Standort Krechting.
Die evangelische Elternschaft konnte sich auch nicht mit der Forderung nach einer Gemeinschaftsschule durchsetzen und wurde in der Frage der Zukunft der Paul-Gerhardt-Schule von der Gemeinde Rhede hingehalten. Einige evangelische Eltern und Schüler waren nicht bereit, die Schule vor Ort aufzugeben und gingen trotz großer Widerstände auf die Gudulaschule. Die Gesetzgebung des Landes NRW beendete dann Ende der 60er Jahre mit der Durchsetzung der Hauptschule diesen anachronistischen Verhältnisse.
Religiöse Themen hatten auch in den evangelischen Bekenntnischulen einen hohen Stellenwert gehabt und so mussten Pastor Fehse und seine Nachfolger hier nicht bei Null anfangen. Geschichten aus der Bibel wurden auf vielfältige Weise im Unterricht thematisert und inszeniert, da alle Lehrer die evangelische Lehrbefugnis hatten.
in einem Gemeindegottesdient auch eine „Prüfung“ der Kandidaten, die im Sitzkreis vor dem Altar aufgereiht saßen, um ihr gelerntes Wissen kundzutun. In meiner Erinnerung war das aber vorher geprobt und auch ein wenig „inszeniert“ worden. Bei früheren Prüfungen ging es wohl manchmal etwas „schulischer“ zu und wenn die Prüflinge stockten, flüsterte meine in den Reihen sitzende Oma immer heimlich die abgefragten Texte vor, die sie in ihrer Jugend in Pommern gelernt hatte.
Das Kollegium der Paul-Gerhardt-Schule war durch den Wechsel junger Lehrerinnen und Lehrer geprägt, die dort ihre ersten praktischen Erfahrungen machten und dann an anderer Stelle ihren Werdegang fortsetzten. Mitte der 60er Jahre verließen nacheinander Frau Wilmers, Frau Kamenz und Frau Holtsch die Schule. An ihre Stelle traten Frau Cloos und Herr Boecker. Nur Herr Storek gehörte zur Generation der erprobten älteren Hauptlehrer, die das Schulleben der Wiederaufbaujahre geprägt hatten. Herr Storek übernahm als Pensionär zeitweise nach dem Abschied von Pastor Fehse den evangelischen Religionsunterricht an der Realschule.
.
In bewährter Manier halfen in der Kirchengemeinde die evangelischen Pfarrer aus Bocholt Pohl und Meyer, vor allem aber Pastor Stapenbeck von der Christuskirche aus. Nur kurze Zeit betreute Pastor Lienenkämper die Rheder Gemeinde, dann kam der aus Stuttgart stammende Pastor Hermann Jaeger, der uns im Mai 1968 konfirmierte und in Rhede auch seine Ordination, die endgültige Berufung zum Pfarrer, feiern konnte. Er sollte allerdings auch sehr bald Rhede verlassen und erst der seit Oktober 1969 hier tätige Pastor Menzel sollte wieder länger in Rhede bleiben.
Zum Sommer 1968 wurde die Paul-Gerhardt-Schule aufgelöst. Sie hatte im Schuljahr 1967/68 noch den Standort mit der Realschule getauscht und deren Räume an der Kreisberufsschule übernommen. Evangelische Schüler , auch ihre Lehrer, besuchten ab Spätsommer 1968 nun die Gudula-Schule, die unter massivem Druck der katholischen Kirche aufgrund eines Elternvotums als katholische Bekenntnisschule fortgesetzt wurde, die aber angesichts der nun gemischten Schülerschaft und einer neuen Lehrergeneration sich im Rahmen des neuen Zeitgeistes und der Ökumene nicht mehr in den engen konfessionellen Grenzen entwickeln sollte. Die Abgrenzung der konfessionellen Mileus war bald auch in Rhede nur noch Geschichte.
eine Chronik der Paul-Gerhardt-Schule
als pdf-Datei beziehen, die vor einigen Jahren unter Mitwirkung von Margret Boeing und Gerlinde Becker entstanden ist und nur möglich war, weil der leider verstorbene Pfarrer Michael Bruch Archivmaterialien zur Verfügung gestellt hat.
Als erste Fotos kann ich nur diese einfachen Schnappschüsse aus dem Kirchenraum und von unserer gemütlichen Runde einstellen. Hier werden noch weitere, und vor allem bessere Fotos folgen:
Eine erster Blick auf die Gesprächsrunde der Goldkonfirmanden, die von der Feier sehr angetan waren.
Die folgenden Fotos stammen von Ilse Heitz, Friedhelm Keil und Wilfried Ott.
Hier erst einmal einige Gruppenbilder:
... und hier mit Pfarrer Totzeck nach dem Gottesdienst.
Alle drei Jahrgänge im Altarraum vereint.
Fortsetzungen folgen.
Hier erst einmal einige Gruppenbilder:
Der Fotostandort für das offizielle Gruppenbild hat sich in fünf Jahrzehnten nicht verändert.
Je mehr Fotos, desto größer die Chance, dass sich jeder einmal gut getroffen fühlen kann.
Das sind die 68er ...
... und hier mit Pfarrer Totzeck nach dem Gottesdienst.
Alle drei Jahrgänge im Altarraum vereint.
Fortsetzungen folgen.
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